Mental Picture.

Ich mache im Moment einen MBSR-Kurs. Früher hätte ich das wohl als “Esoterik-Mist” abgetan, heute bin ich schwer begeistert. Mit Esoterik hat es aber tatsächlich herzlich wenig zu tun. Vielmehr geht es um Achtsamkeit, sich einlassen, im Moment sein, nicht werten. Und so mehr vom Leben zu haben.

Das ist superspannend, aber wirklich nicht einfach. Natürlich könnte man auch nur entsprechende Bücher lesen, aber es macht schon einen Unterschied, angeleitet zu werden, in der Gruppe zu üben und sich auszutauschen. So meditieren wir zusammen, machen unterschiedliche Übungen und sprechen über unsere Erfahrungen.

In der letzten Woche ging es um Wahrnehmung. Wir haben uns darüber unterhalten, wie wir Menschen alles festhalten wollen. Zum Beispiel bei einem Sonnenuntergang oder einem Konzert – wie schnell zückt man sein Handy, um einen besonderen Moment festzuhalten. Statt ihn einfach nur zu genießen.
Sofort musste ich da an unseren Peru-Urlaub vor einigen Jahren denken. Wir gingen in einer Gruppe den Inka Trail zum Machu Picchu. Natürlich wurden jede Menge Fotos gemacht. Sehr beeindruckt haben mich dann die Worte unseres Guides: “Take a mental picture. That’s the only thing you can take to afterlife.” Wie wahr!!

Wenn man akzeptiert, dass alles fließt, wenn man Dinge, Erlebnisse, Momente, Menschen kommen und gehen lässt, ist alles ein bisschen leichter. Weniger Trauer über den vergangenen Moment, mehr Freude am Geschehen. Das Leben kann bunter und reicher werden, wenn man angenehme Momente bewusster und mit allen Sinnen erlebt.

Wir bekommen im Kurs auch immer Hausaufgaben mit – die aber nicht als Bürde verstanden werden sollen, schließlich tut man sich ja etwas Gutes. Naja, natürlich schaffe ich leider keine 6x pro Woche einen Body-Scan à 45 Minuten… Aber einige Male habe ich es schon hingekriegt – es tut jedes Mal sehr gut, auch wenn ich immer Teile verschlafe. Es ist eben auch sehr entspannend… Eine Hausaufgabe war es auch, angenehme Momente des Tages zu notieren – und wie man sich dabei fühlt. Es ist interessant, was das mit einem macht. Auf einmal wird man aufmerksamer, nimmt es eher wahr, wenn etwas Angenehmes passiert, schätzt die kleinen Freuden mehr. Außerdem fühlt man sich viel dankbarer am Ende des Tages. Es klingt so einfach und banal, ist aber wirklich bereichernd.

Echt schwierig finde ich die reine Sitzmeditation. Das Gedankenkarussell geht da so richtig rund und ich muss wohl noch viel üben, um hier mehr bei mir zu sein. Richtig spannend ist es, sich bei den ganzen Übungen selbst besser kennenzulernen…. Indem man beispielsweise altbekannte Verhaltensmuster aus dem Alltagsleben beim Durchführen der Übungen wiederentdeckt. Warum sollte man da auch anders ticken?! Den Umgang damit kann man dann bestens üben.

Ich bin sehr gespannt, was uns in den nächsten Kursabenden noch bevorsteht – und noch gespannter auf den “Tag der Stille”, denn das klingt nach einer echten Herausforderung!

Nach innen kehr dein Aug‘ und du wirst finden
an tausend unerforschte Regionen;
Bereise sie und werde wohl bewandert
in deiner eignen Heimatweltenkunde.

(Henry D. Thoreau, Walden)

 

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