Vogelperspektive.

Ob ein Aufeinandertreffen nun Schicksal oder Zufall ist, da gehen die Meinungen bzw. Weltanschauungen auseinander. Früher war ich felsenfest davon überzeugt, dass alles Schicksal ist und alles seinen Grund hat. Vielleicht kommt mit dem Älterwerden auch eine gewisse Ernüchterung und so verbuche ich sowas heute öfter unter “Zufall”. Dabei fällt mir dann meine (preußische) Großmutter ein, die immer sagte, wir bräuchten uns hier auf der Welt nicht so wichtig nehmen… Jedoch kann man sich manchmal des Eindrucks nicht erwehren, dass es mehr als Zufall ist: an den verrücktesten Orten begegnet man zufällig Bekannten. 

An Orten, die man eigentlich nie aufsucht, zum Beispiel – das ist uns mal im Jodlerwirt passiert, der nun wirklich nicht zu unseren Stammlokalen gehört, wo wir aber bei unserem ersten und einzigen Besuch, bei dem wir noch dazu die englische Verwandtschaft im Schlepptau hatten, gleich eine Freundin trafen und einen sehr lustigen Abend verbrachten.
Ein anderes, sehr ungewöhnliches Zusammentreffen hatte ich mal vor vielen Jahren auf einer Party, die für sich schon ungewöhnlich war: es war nämlich eine Party einer (harmlosen) Motorradgang, auf die wir über mehrere Ecken gelangt waren. Das Publikum war schon alles andere als gewöhnlich, die ganzen Biker mit ihren Kutten eben… die Party auch – und wer sitzt mittendrin? Eine Frau, mit der ich zu der Zeit beruflich viel zu tun hatte und die ich dort nie im Leben erwartet hätte. Sie mich auch nicht und wir haben sehr gelacht.

Noch spannender wird’s, wenn man außerhalb der eigenen Stadt unterwegs ist. Zum Abschied von meiner alten Firma bekam ich einen Gutschein für ein Luxushotel, das wir sonst sicher nie besucht hätten – zuvor hätten wir sicher gewettet, dort niemanden zu treffen, den wir kennen, und doch es kam anders! Für noch unwahrscheinlicher hält man ein zufälliges Aufeinandertreffen im Ausland. Doch war ich mal mit einer Freundin auf Kreta, mit der ich nicht lang zuvor das Jahr als Assistent Teacher in England verbracht hatte. Wir wussten zwar, dass eine andere der Assistents auch mit ihrem Freund auf Kreta war, unabhängig von uns, was ja schon ein großer Zufall war, doch hatte sie kein Handy (ja, es ist schon etwas länger her…) und wir wussten nicht, wo sie sich herumtrieb. An einem Tag planten wir einen Ausflug zur Insel Chrysi, fuhren schließlich mit dem Ausflugsboot rüber und suchten uns an einem wunderbaren weißen Strand ein Plätzchen – und wer lag da, wo wir uns niederlassen wollten? Genau, unsere Freundin aus der Englandzeit!

Aber auch “kleinere” Begegnungen sind oft witzig und verblüffen einen manchmal. Eine Freundin von mir traf so erst letzte Woche eine andere Freundin von mir, jeweils mit Familie, im Biergarten in Murnau. Also in einem Ort, in dem sie beide nicht wohnen. Noch dazu wollten die beiden sich sowieso mal verabreden, das hatten sie schon auf unserer Hochzeit vor einem Jahr geplant und bisher nicht umgesetzt. Da hat ihnen nun der Zufall – oder das Schicksal – auf die Sprünge geholfen.

Oft habe ich bei solchen Geschichten den Gedanken, dass ich gerne mal eine Vogelperspektive einnehmen würde – ich würde dann gern die Wege der Menschen, die ich kenne, von oben auf dem Stadtplan sehen. Wie oft biegt man wohl spontan ab oder bleibt kurz stehen, wenn man in der Stadt unterwegs ist, was dann dazu führt, dass man dadurch jemand anderen gerade nicht trifft, knapp aneinander vorbeiläuft – oder sich eben doch begegnet?

Doch wir haben es eben nicht unter Kontrolle, auf wen wir treffen. Vor manchen Begegnungen hat man vielleicht auch Angst… “Hoffentlich treffe ich die/den nicht mal irgendwo…” denkt man sich. Oder man wünscht sich so ein Aufeinandertreffen herbei, weil man dem/der anderen vielleicht noch was zu sagen hätte. Da muss man dann entsprechend auf den Zufall oder eben das Schicksal hoffen. Denn die Vogelperspektiven-App gibt’s zum Glück (noch?!) nicht. 

Nachtrag: So eine App gibt es (natürlich?!?) schon, wurde mir gesagt. Aber will man das wirklich?? https://play.google.com/store/apps/details?id=com.fsp.android.friendlocator&hl=de

1 Kommentar

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert